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Mittwoch, 13. Januar 2016

Wo bleibt das Recht ?

Von Hendrik Brandt. HAZ, 12.01.16
Es ist nur eine kleine Nachricht, wie es sie vielfach gibt in diesen Tagen. Sie steht natürlich auch in dieser Zeitung. Im Hamburger Randbezirk Ohlstedt hat ein Asylbewerber aus Somalia ein zehn Jahre altes Mädchen belästigt und geküsst. Die Polizei hat ihm eine Falle gestellt und ihn festgenommen; der Mann hat alles zugegeben. Und ist doch auf freiem Fuß.
Wer versteht das? Was läuft da schief? Nackte Gewalt, Macho-Anmaßungen und kriminelle Energie von angeblich Hilfesuchenden treffen nicht erst seit der Nacht von Köln auf den deutschen Rechtsstaat – und er unterliegt. So sieht es zumindest oft genug aus. Sowohl in den Augen vieler Deutscher als auch bei der Minderheit krimineller Flüchtlinge. Erst recht bei ihnen. Anmeldung unter verschiedenen Namen? In Deutschland offenbar ganz einfach. Straftaten in aller Öffentlichkeit? In der Gruppe be- kommt uns sowieso niemand. Respekt vor Frauen? Wer sagt, dass eure Regeln auch für uns gelten? Probieren wir’s doch mal aus.
Das alles ist nicht neu. Der Konflikt hat mit der Anzahl der Zuwanderer nur mächtig an Kraft und Schärfe gewonnen. Schon immer kamen mit den wirklich Schutzsuchenden auch Menschen, denen es um Deckung für ihr Verbrechertum ging. Ganz gleich, ob es nun entwurzelte Kleinkriminelle, Taschendiebe, Sexualstraftäter oder gar Terroristen sind. Sie jetzt schnell zu identifizieren und zügig wieder abzuschieben ist nicht das Gegen- teil von Integrationsarbeit – son- dern gehört zu dem kurvenreichen Weg, der vor uns liegt. Dieser Klärungsprozess ist Teil der An- strengung, die sich das Land mit der Kanzlerin mehrheitlich vorge- nommen hat.
Wenn dafür Gesetze angepasst werden müssen, dann sollte es schnell gehen. Aber viel wichtiger wäre es, dass nicht mehr nur die Polizei, sondern auch Justiz und Strafverfolgung die Mützen jetzt endlich etwas fester auf den Kopf ziehen. Nicht alles, was etwa bei einer Haftprüfung in gemütlichen Zeiten angemessen erschien, gilt jetzt weiterhin. Polizisten, die Straftaten aufklären, müssen auch darüber sprechen (dürfen), wenn die Täter wie gestern in Hannover in Flüchtlingsheimen oder anderen Unterkünften gefasst werden. Es ist offensichtlich höchste Zeit, die Kanten des Rechtsstaats allseits klar zu zeigen – nicht trotz, sondern wegen der Hilfsbereitschaft im Land. Und damit die Verbrechen mancher Flüchtlinge nicht zum Vorwand für neue Straftaten von Rechtsextremisten und „Bürgerwehren“ in Sachsen, Köln und anderswo werden. Viel Zeit bliebt da nicht mehr.
Der Satz, dass die Arbeit der Integration jetzt erst beginne, ist oft bemüht worden. Nun ist endgültig klar, dass damit nicht nur Anstrengungen bei Erstaufnahme, Bildung oder Wohnungsbau ge- meint waren. Sondern eben auch eine neue Dynamik bei der Be- kämpfung von Verbrechern. Wenn wir das nicht schaffen, schaffen wir sonst auch nicht viel.

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